Rethink! - Veranstaltungsbericht zum Vortrag an der Universität Münster

Studenten haben keinen Stress? Denkste.
Vergangenen Freitag durfte ich als Teil einer Vorlesungsreihe mit dem Ziel der Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und Stärkung der Mentalen Gesundheit einen Vortrag an der Universität Münster halten.
Angefragt war das Thema "Gelassen im Alltag - Praktische Tipps zum Umgang mit Stress und Alltagsbelastungen". Als ich ein paar Tage zuvor mit einer der Organisatorinnen telefonisch noch ein paar Details besprach, hatten wir beide in Anbetracht der Rahmenbedingungen (Vortragszeit Freitagabend 19 Uhr, Start ins Pfingstwochenende und angekündigte 28 Grad) die Befürchtung, dass an diesem Freitagabend wohl mehr Menschen Gelassenheit im Biergarten oder am Aasee suchen würden als im Hörsaal.
Und dann füllte und füllte und füllte es sich... bis der Hörsaal voll war.

Meiner Ankündigung, dass inhaltliche Fragen gerne auch zwischendurch an Ort und Stelle gestellt werden dürften, kamen die Zuhörer auch sofort nach. Und so möchte ich sagen "unterhielten" wir uns eine gute Stunde über Stressfaktoren unserer Gesellschaft und Möglichkeiten, für mehr innere Gelassenheit zu sorgen. Auch ein paar kurze Nachgespräche mit einzelnen Teilnehmern gaben mir noch einmal ein deutliches Bild davon, unter welchem Druck Studenten heute stehen. Und wie wenig dieser Studienalltag mit noch so manch verstaubtem Bild des schönen entspannten Studentenlebens zu tun hat. Vorne an die Sorge: "Und dann reichen die Qualifikationen noch nicht einmal aus, weil man auf dem heutigen Arbeitsmarkt ja auch schon alles an Praxiserfahrung mitbringen soll."
Meine Praxiserfahrung im Rahmen des Psychologiestudiums (lang ist's her) lag bei exakt zwei sechswöchigen Praktika. Plus einem sogenannten "Experimentalpraktikum", bei dem die Auslosung der Themen unter den Studenten entschied, dass ich mich mit den Tauben des Lehrstuhl beschäftigen musste. Niemanden interessierte, ob ich Versuche mit Tieren gut oder schlecht fand. Schein haben oder Studium abbrechen. Und vielleicht hatte ich einfach Glück, dass ich beim zweiten Praktikumsplatz Spaß an der Branche (Unternehmensberatung) hatte und sich die Möglichkeit ergab, einen Fuß in die Tür zu bekommen.

Gerade habe ich wieder eine Studie zur Effektivität von Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisförderung gelesen. Fazit: Verhaltensmaßnahmen (individuelle Förderung des Einzelnen) sind gut, aber die Verhältnisförderung (Änderung von Unternehmensstrukturen und Arbeitsumgebungen) ist am effektivsten. Wussten wir eigentlich auch schon.

Und in diesem Sinne, liebe Arbeitgeber: Rethink! Habt allem voran ein Nachsehen mit dem Nachwuchs von der Hochschule, schaut auf unser aktuelles Bildungssystem (auch hier wäre eine Änderung der Strukturen von Nöten) und legt etwas mehr Gelassenheit an den Tag, was ein fertig studierter Mensch heute an Praxiserfahrung de facto mitbringen kann. Aus meinen Taubenexperimenten habe ich nur schlechte Erinnerungen und Schuldgefühle mitgenommen, sonst wirklich nichts.

Weitere Termine der Rethink-Vorlesungsreihe:
Das Leben grau und sinnlos und kein Licht am Ende des Tunnels
Dr. med Bettina Jesberg (Berlin)
Freitag, 28. Juni 2019, 19 Uhr
H2, Schlossplatz 46, WWU Münster

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